Ein Mann in Woll-Kleidung am Meer in der Sonne

UV Schutz durch Wolle/Seide

Ich wurde aber in meiner lieben Wolle/Seide Gruppe auf Facebook  (kommt gerne mit in die Gruppe dazu!) gebeten, etwas über die sehr guten UV-Schutzeigenschaften von Wolle/Seide zu sagen. In allen "herkömmlichen" Wolle/Seide-Shops und in vielen Blogs wird behauptet, dass Wolle/Seide einen hervorragenden UV-Schutz liefert. Aber was ist eigentlich an der Behauptung dran? 

Da ich mich aufgrund eigener körperlicher Gegebenheiten (blasse Haut, Rotstich in den Haaren, Sommersprossenphalanx an jeder frei sichtbaren Stelle) und einem kleinen ebenfalls sonnenempfindlichem Zwergensohn, zwangsläufig viel mit dem Thema Sonnenschutz beschäftigen musste, gebe ich gerne eine Zusammenfassung meiner Recherchen.

Diese Recherchen wurden irgendwie viel ausführlicher, als ich das zunächst gedacht hatte und vor allem auch viel wissenschaftlicher, als Einige von euch vielleicht interessiert. Deswegen gebe ich erstmal eine kurze Zusammenfassung für die, die einfach nur meine Schlußfolgerung interessiert und im Anschluß fasse ich die wissenschaftlichen Artikel zu dem Thema zusammen. Ich bin keine Medizinerin, schon gar keine Dermatologin - die Ergebnisse hier sind also rein meine eigene Interpretation der state of the art Forschung und kein medizinischer Rat!
Generell muss man sagen, dass das Thema Sonnenschutz mit Textilien nicht einfach ist und auch immer noch viel Irrglaube durch Blogs und Foren verbreitet wird. So las ich z.B. in einem Blog davon, dass Baumwolle den besten UV-Schutz liefere, obwohl jede wissenschaftliche Studie, die ich gelesen habe, von Baumwolle als UV-Schutz abriet. Andere erzählten davon, wie sich künstlich hinzugefügter UV-Schutz auf T-Shirts quasi herauswasche - das kann ich nach meinen Recherchen auch nicht bestätigen, wohl aber, dass UV-Kleidung nach gewissen Beanspruchungen (Dehnung oder Nässe) nur noch einen winzigen Bruchteil des vorherigen UV-Schutzes haben kann und dann sinnlos wird.

Zusammenfassende Empfehlungen

Wenn man ganz auf Nummer sicher gehen will, dann ist meine Empfehlung, genau die vom Forschungsinstitut Hohenstein - man soll auf Kleidung zurückgreifen, die nach dem UV-Standard 801 getestet wurde.:

UV Standard 801, der die ungünstigsten Trage-/Nutzungsbedingungen zugrunde legt (worst case szenario) 1

Hier wird die Kleidung auch im nassen, im gedehnten Zustand und auch nach mehreren Wäschen getestet.
Ansonsten ist die einhellige Meinung von allen wissenschaftlichen Texten, dass man einem Kleidungsstück zwar nicht unbedingt ansehen könne, wie gut sein Schutz sei, grundsätzlich aber Polyester und Wolle den bestmöglichen UV-Schutz liefern, wohingegen Baumwolle, Leinen und Co in den allermeisten Fällen durchfallen.

Forschungsergebnisse der letzten 20 Jahre

Die Idee von Sonnenschutz mit Textilien ist in der westlichen Welt interessanterweise noch recht neu. Hier wurde traditionell eher auf Sonnencreme und/oder Sonnenvermeidung gesetzt. Erst in den letzten 10 Jahren schwappte aus Australien die Erkenntnis rüber, dass man sich mit richtiger Kleidung auch gut gegen die schädlichen UV-Strahlen schützen könne.
Bekannte Beispiele für effektiven Sonnenschutz mit Textilien betreiben schon länger beispielsweise die Tuareg in Afrika mit ihren indigo-gefärbten Stoffbahnen oder die bekannten Saris aus Indien, wo mehrere Schichten Seide als Sonnenschutz übereinander gewickelt werden.
Hier kommen zwei unterschiedliche Konzepte des Sonnenschutzes zum Tragen.
Die Blaufärbung des Stoffes der Tuareg sorgt dafür, dass der eigentlich recht schlechte UV-Faktor von Baumwollstoff aufgebessert wird. Grundsätzlich sind dunkle und kräftige Färbungen besser als helle Kleidung, da der Farbstoff ebenfalls UV-Strahlen absorbiert. Dies ist beim indigoblau der Tuareg sogar noch stärker der Fall als bei anderen Farbtönen.
Bei den Saris der Inder hingegen ist es eher die Faserart, die den UV-Schutz bestimmt. Eher schlecht geeignet zur UV-Absorption sind Stoffe wie Leinen oder Baumwolle - am Besten geeignet sind speziell behandelte Synthetik-Stoffe, Wolle oder Seide wie das Hohenstein Institut feststellt:¹

Der Schutz vor UV-Strahlen ist bei Naturfasern wie z. B. bei Baumwolle oder Leinen relativ gering. Ein weißes T-Shirt bietet gerade mal einen UV-Schutzfaktor von 10-15. Grund dafür ist, dass die Baumwollfasern an sich wenig UV-Strahlung reflektieren oder absorbieren. Das gilt vor allem, wenn Sie Feuchtigkeit aufgenommen haben - die Fasern werden dann quasi durchsichtig. [...]
Naturseide verfügt über einen relativ hohen UV-Schutzfaktor, da sie ebenso wie moderne Chemiefasern über mattierende Faserbestandteile verfügt, die UV-Strahlen reflektieren und absorbieren. Außerdem verhindern gleichmäßige Faserstrukturen mit geringen Abständen im Gewebe oder Maschengewirke, dass die UV-Strahlung auf die Haut gelangen kann. Abhängig von der Farbgebung liegt der UPF bei 20 bis 30.

Unter Hautsache.de kann man die folgenden Grundregeln nachlesen, die den UV-Schutz eines Textils bestimmen:²

  • Die Faserart: Gut ist z.B. Wolle, weil die Faser eine der höchsten     Strahlenabsorptionen und somit auch eine geringe UV-Durchlässigkeit hat
  • Das Stoffgewicht: Je schwerer der Stoff, desto höher der Schutz
  • Die Garne: Am besten sind dichte Gewebe
  • Die Farbe: Je dunkler und kräftiger die Farben, desto besserer Schutz
  • Der Oberflächenbeschaffenheit: Strukturiert ist besser als glatt
  • Passform: Locker geschnittene Kleidung hat einen besseren UV-Schutz als enge Kleidung

Stiftung Warentest bemängelt in ihren Tests nicht nur die Labelvielfalt von Testverfahren, sondern auch grundsätzlich den UV-Schutz bei als UV-Shirts deklarierten Shirts - selbst 70€ teure Baumwoll-Kleidung, bei der extra mit UV-Schutzkraft geworben worden war, fiel bei manchen Tests gnadenlos durch.

Während es bei den Kindermützen für den UV-Schutz des Stoffes „gute“ und „sehr gute“ Noten gibt, sind die Ergebnisse bei der Outdoorkleidung und den Kinder-T-­Shirts oft unterdurchschnittlich
Feuchtigkeit lässt Baumwolle aufquellen und wirkt wie ein Brennglas auf der Haut. Allerdings kann sie den UV-Schutz auch erhöhen, wenn der Stoff bei Nässe dunkler erscheint. Auch Waschen kann den UV-Schutz mindern, weil der Stoff ausdünnt, oder steigern, weil sich die Maschen zusammenziehen 5

Wie kann man aber nun feststellen, welche Kleidungsstücke sich gut für Strand und Sommer eignen?

Alle wissenschaftlichen Artikel sind sich insofern einig, dass es zwar schwierig sei, durch bloßes Angucken eines Kleidungsstückes auf seine UV-Abwehrkraft zu schließen, dass es aber eindeutige Trends gäbe.
BMCDermatol schreibt:

Although it was not possible to study the parameters independently we have demonstrated the following trends. Polyester and wool fabrics usually provide sufficient UV protection (UPF 30+), while other fabrics, such as cotton, linen, and viscose, frequently offer poor UV protection.7

(Übersetzung: Obwohl es nicht möglich ist, alle Parameter unabhängig voneinander zu testen, haben sich die folgenden Trends herauskristallisiert: Polyester und Wolle haben normalerweise ausreichende UV Abwehrkraft, wohingegen andere Stoffe wie Baumwolle, Leinen oder Viskose oft schlechten UV Schutz liefern)

 

Das Hauttumorzentrum Bochum³ weist darauf hin, dass auch der Gebrauch von Kleidungsstücken bei der UV-Abwehrkraft eine große Rolle spiele. Relativ selbstverständlich sollte sein, dass kurz geschnittene Tops oder Bikinis nicht vor Sonnenstrahlen schützen, aber auch das Dehnen von Kleidung erniedrigt den UV-Schutz um ein entscheidendes Maß. Es wird daher empfohlen, dunkle, lockere und luftige Kleidung zu tragen.
Gamblicher et al (2001) stellten in ihren Forschungen "Protection against ultraviolet radiation" ebenfalls fest, dass gerade Merinowolle einen ausgezeichneter UV-Schutz liefere.
Haerri et al (2000), Reinert et al (1997) and Hilfiker et al (1996)  zeigten zudem

Natural merino wool absorbs radiation throughout the entire UV spectrum even when completely untreated(Übersetzung: Merinowolle absorbiert Strahlung über das gesamte UV Spektrum hinweg, sogar dann, wenn sie komplett unbehandelt ist.)

Wie ein englischer Wolleseideshop richtig schrieb:

This is like of slathering your skin in chemical sun tan lotion - but without the chemicals.

("WolleSeide tragen ist als ob man seine Haut in chemische Sonnenlotion ertränkt - aber ohne die Chemikalien")
Wie Hautsache.de aber richtig feststellt - bei Wolle gibt es ein Problem:

Viskose, Baumwolle- und Leinenstoffe bieten weniger Schutz vor UV-Strahlung
als solche aus Wolle, Seide und Nylon. [...]Doch gerade im Sommer tragen wir gerne helle leichte Kleidung statt dem dunkelgrünen Wollpullover

Wolle/Seide als Sommerbekleidung

Na, da haben wir ja mit Wolle/Seide (www.danischpur.de) eine herrliche Alternative - der Stoff ist leicht und kühlt im Sommer durch den Seidenanteil und ist damit eine echte Alternative zum Baumwollshirt. (Und zudem auch angenehmer zu tragen, da man bei Schweißbildung kein nasses Gefühl am Körper hat).

Auf unserer Reise durch Neuseeland, Australien, Thailand und Südafrika trugt der Zwerg fast durchgängig Wolle/Seide - vor allem auch, weil er selber die Sachen liebt und wir froh waren, nicht ständig waschen zu müssen, aber auch, weil diese auch im Sommer so angenehm zu tragen sind und gut gegen die Sonne schützen.
Mit zusätzlichen Maßnahmen wie Mittagssonne meiden, Hut aufsetzen und (vor allem) die Füße eincremen, haben wir es tatsächlich geschaffst, Mr Käseweiß absolut sonnenbrandsfrei durch unser Sabbatical zu führen und mussten nur ganz selten auf folgende Maßnahme zurückgreifen:

 


Quellen:

 

      1. https://www.hohenstein.de/media/pdf/328-DE_18_HOH_UVSchutz_Hintergrundinfos_2011_8459.pdf
      2. https://www.hautsache.de/Die_Haut/Licht-und-Haut/Hautschonende-Bekleidung-mit-Sonnenschutz.php
      3. http://www.hauttumorzentrum-bochum.de/sonnenschutz-durch-bekleidungstextilien.html
      4. http://www.uvstandard801.com/de/uv_standard_801/uv_standard_1/uv_standard_2/uv_standard_2.html
      5. Stiftung Warentest https://www.test.de/Kleidung-mit-UV-Schutz-Hemd-und-Hut-steht-ihm-gut-1688475-2688475/ 
      6. http://www.campaignforwool.co.nz/wp-content/uploads/2011/12/MERINO-FOR-MILITARY-APPLICATIONS.pdf
      7. https://bmcdermatol.biomedcentral.com/articles/10.1186/1471-5945-1-6
      8. Hilffiker, R.Kaufmann, W.Reinert et al 1996 Textile Research Jornal 66
      9. Gamblicher T. et al 2001 Protection against ultraviolet radiation by commercial summer clothing, need for standardised testting and labeling, BCM Dermatology
      10. European Standard, 2002, EN 13758-1, Textiles, Solar UV protective properties, Method for testing of apparel fabrics

 

 

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