Viele von uns nähen vor allem mit den sehr dehnbare Wollstoffen und haben noch nie oder selten mit Webware gearbeitet.
Es gibt hier ein paar Dinge zu beachten - wenn man sie aber beherzigt, dann ist das Nähen mit Webware kinderleicht (Manche raten sogar damit, das Nähen zuerst mit Webware zu lernen) und das Ergebnis eigentlich immer umwerfend.
Hier fasse ich unsere gesammelten Tipps zu unserem Super-Lieblings-Sommerstoff - Hanf-Lyocell -zusammen.
- Schnittmuster
- Nähen mit Beleg
- Zuschnitt - geht das kreuz und quer?
- Waschen und Pflege
- Was ist versäubern und warum muss ich das tun?
Hanf-Lyocell ist ein ganz wunderbar leichter und glatter Stoff- er erinnert ein bißchen an zarte Seidenblusen. Gleichzeitig ist er erstaunlich stabil (die Hanffaser lässt grüßen), so dass auch die extrem viel getragenen Hosen meines süßen Chaoskinds den letzten Sommer gut überstanden haben.
Der Stoff ist vor allem ein SOMMERstoff - näht daraus luftige Oberteile und vor allem kurze und lange Sommerhosen. Es trägt sich wie ein Hauch von Nichts, hat aufgrund des hohen Hanfanteils und der Tatsache, dass es Webware ist (damit noch weniger Lücken zwischen den Maschen) einen guten UV Schutz und ist von Beginn an einfach herrlich auf der Haut.
Aber was genau nähe ich damit?
zu 1) Schnittmuster:
Für Webware braucht ihr speziell für Webware konzipierte Schnittmuster. Ja auch für Webware mit Elasthan-Anteil.
Generell ist das aber nicht tragisch, denn davon gibt es auch total Viele. Ihr werdet keine Schnittmuster finden, die für Hanf Lyocell Webware ausgelegt ist, da es diesen Stoff nur bei uns gibt, aber ihr könnt jeden Schnitt nehmen, der für dünne Webware wie Leinenwebware oder leichte Baumwollwebware ausgelegt ist (ich sage "leichte", denn es gibt ja auch bei Baumwolle dicke Klopper wie z.B. Cord - das ist natürlich nicht gemeint, sondern Schnitte, die auch auf leichte, dünne Stoffe ausgelegt sind.
Ich persönlich gucke am Liebsten nach Schnitten für Leinen, da bin ich ganz sicher, dass es ohne Probleme geht und Leinenschnitte gefallen mir oft einfach richtig gut, aber auch Schnitte, die mit "Viskoke Webware", Chambrauy, Musselin etc beworben werden, sind auf jeden Fall erste Wahl.
zu 2) Nähen mit Beleg
Bei Jerseystoffen nähen wir meist die Abschlüsse mit Bündchen. Was machen wir denn bei Webwarestoffen? Natürlich könnt ihr am Hals auch ein Bündchen annähen - das geht theoretisch schon. Aber eigentlich arbeitet man bei Webwareschnittmuster eher mit Beleg:
Habt keine Angst vor Belegen! Die sind einfacher zu nähen, als ihr beim ersten Hören vlt denkt!
Und sehen einfach super professionell aus.
Beleg heißt einfach, dass ihr am Stoffabschluß noch ein weiteres Stück Stoff annäht und dann nach hinten klappt - oft ist das sogar einfacher als ein Bündchen, finde ich - jedenfalls, wenn man etwas sauber arbeitet, denn es muss genau passen und nicht einfach zurechtgezogen werden, wie es bei Bündchen ja notfalls noch geht.
Wichtig ist, dass hier keine Knubbel entstehen oder der Beleg sich abklappt und herausguckt, daher ein paar schnelle Tipps:
1) Nähte in unterschiedliche Richtungen klappen. Ist z.B. die Schulternaht vom Oberteil nach hinten gebügelt, dann die Nähte vom Beleg nach vorne bügeln, so dass es nicht zu dick wird.
2) Rundungen einschneiden: Wenn ihr angenäht habt, dann könnt ihr optional die Nahtzugabe mit kleinen Schnitten versehen. Dadurch lassen sich die Rundungen nach dem Wenden schöner in Form legen und bügeln
3) Umdrehen, bügeln und dann von der rechten Seite absteppen. Entweder knappkantig genau am Beleg oder ein paar Zentimeter im gleichmäßigen Abstand vom Ausschnitt entfernt.
4) solltet ihr ihn nicht weiter entfernt absteppen, dann unbedingt an einigen Stellen fixieren, z.B. im Nahtschatten der Schulternähte, damit er sich nicht wieder nach oben klappt.
In vielen Schnittmustern für Webware ist der Beleg als Schnittteil mit dabei, sonst kann man ihn sich auch selber herleiten.
Für noch mehr Tipps hat @sewsimple.de noch Tipps hier: https://sewsimple.de/anleitung-beleg-naehen/
zu 3: Zuschnitt - geht das kreuz und quer?
Es ist so verlockend- Webware ist ja nicht dehnbar. Kann ich das also kreuz und quer zuschneiden?
Neeeeeiiiiinnnnn!
Ihr könnt auf jeden Fall kleine Teile wie eine Tasche oder den Bund auch mal gegen den Fadenlauf zuschneiden, aber auf keinen Fall größere Teile. Auch Webware hat einen Fadenlauf und zieht sich unterschiedlich auseinander, ob ich mit oder gegen den Fadenlauf zuschneide. Im schlimmsten Fall habt ihr hinterher ein total verzogendes Kleidungsstück.
Hier bei @beswingtesallerlei
https://www.beswingtesallerlei.de/2017/04/Fadenlauf-Fall-von-Kleidung.html
ist das nochmal ganz toll erklärt!
zu 4: Waschen und generell Pflege
Hanf ist grundsätzlich total pflegeleicht. Sogar noch pflegeärmer als Wolle, die ja auch selten gewaschen werden muss. Auch bei Hanf reicht oft ein Auslüften und ansonsten auch gerne eine schnelle Handwäsche.
Da ich viel Wollkleidung habe, wasche ich meine Hanfsachen meist einfach mit der Wollwäsche mit und das klappt total gut. Man kann Hanf aber auch in der normalen 30 oder 40 Grad Wäsche mitwaschen, aber man darf nie nie NIEMALS Pulverwaschmittel verwenden. Die Pulverkügelchen setzen sich in die Hanfkammern und zerstören dann erst den Glanz und später den ganzen Stoff.
Schleudern mit möglichst kleiner Drehzahl und vorher Knöpfe etc schließen - am Besten wascht ihr eh alle Kleidung auf links gedreht.
Bitte nicht in den Trockner oder die pralle Sonne legen.
Hanf Lyocell trocknet ganz besonders schnell. Das habe ich letzten Sommer oft gemerkt, wenn ich mit meiner geliebten Hanf Lyocell Hose auf dem Rad in den Regen kam und dann aber gefühlt Minuten später schon alles wieder trocken war.
zu 5: Versäubern
Versäubern -was heißt das eigentlich?
Manche Stoffe fransen schon beim Waschen aus und Andere auf Dauer bei Druck auf der Naht. Dazu zählt vor allem Webware.
Wir werden manchmal gefragt, ob man WolleSeide vor dem Waschen versäubern soll - das ist normal nicht nötig. Unser Tipp dabei ist immer: Legt die WS Stoffe zu einem Paket zusammen, bevor ihr sie in die Waschmaschine tut und zwar so, dass die Schnittkanten innen liegen. Das reicht aus, um ein Aufribbeln zu verhindern.
Bei Webware hingegen nicht. Wenn ihr hier vorwascht, dann geht am Besten vorher einmal mit der Ovi rundherum oder mit einem Zickzackstich (ich wasche nicht vor, daher spare ich mir den Schritt, flöt)
Beim Nähen gibt es zwei Möglichkeiten.
1) Ihr näht erst zusammen und versäubert dann anschließend die Nahtzugabe. Hat den Vorteil, dass es schneller geht - aber ihr könnt nicht wieder gut auftrennen und die Naht auch nicht schön auseinanderbügeln - empfehle ich nicht.
2) Ihr versäubert erst jedes Schnitteil einzeln und näht dann zusammen. Ja. Das dauert. Das ist langweilig. Aber das Ergebnis ist wirklich besser!
Setzt euch Kopfhörer auf die Ohren, hört ein gutes Hörbuch und rattert einfach drauf los.
Im Anschluß näht ihr dann eure Schnittteile wie gewohnt zusammen und bügelt dann die NZ auseinander. Hier empfehle ich bei beanspruchten Nähten einen Dreifachgradstich, sonst einen Gradstich.
Achso - als Nähnadel nehmt am Besten eine Universalnadel.
Und der beste Tipp als Letztes - wartet nicht länger, sondern schnappt euch den Stoff und legt los - ich kann euch versprechen, dass ihr es schon beim ersten Tragegefühl erlebt, wie sehr euch dieser Stoff noch im Leben gefehlt hat!